STATUS QUO
Durch Ausdehnung der Dörfer, Flurbereinigungsmaßnahmen und durch eine Zunahme von Sozialbrache hat sich das Landschaftsbild der Terrassenmosel in den letzten 30 Jahren stark verändert. Noch ist es geprägt von kleinen Dörfern, von einer mäandrierenden Mosel und von Steilhängen, die bewaldet sind oder – bei günstiger Exposition – weinbaulich genutzt werden und zu den weltweit steilsten Terrassenlagen gerechnet werden. Tendenziell entwickeln sich neben weinbaulich intensiv genutzten Monokulturflächen immer mehr Brachflächen heraus, in denen durch den Strukturwandel eine weinbauliche Nutzung nicht mehr sinnvoll erscheint.
Mit zunehmender Verbuschung dieser Brachflächen und dem damit einhergehenden Zerfall der Trockenmauern wird nicht nur das Landschaftsbild und eine 1000jährige Kulturlandschaft zerstört, sondern auch Steillagenbiotope mit ökologische Nischen für eine Vielzahl von vom Aussterben bedrohten Pflanzen und Tieren – und damit langfristig auch die Basis des Tourismus.
DER ROTE WEINBERGPFIRSICH
Nicht nur in Plantagen und Streuobstwiesen, sondern vor allem in den Weinbergen sorgten bis in die 60er Jahren eine Vielzahl von Obstbäumen für eine Auflockerung des Landschaftsbildes. Auf tief-gründigen Standorten waren es Apfel-, Birn- und Kirschbäume und in den Steilhängen vor allem der »rote Weinbergpfirsich«.
Die Heimat des dieser Frucht liegt im mittleren und nördlichen China. Dort wurden schon 2200 v. Chr. verschiedene Sorten unter der Bezeichnung »Sing« geführt. 128 v.Chr. kamen sie über Vorderasien nach Persien und durch die Römer dann nach Italien und Südfrankreich. Auf Wandgemälden im verschütteten Pompeji ist der »Perserapfel« abgebildet.
In Deutschland wurden in der Saalburg Pfirsichsteine aus der Zeit von 120 n. Chr. gefunden. Der Pfirsich wird im Mittelalter im »Capitulare de Villis« als »persicarius« erwähnt; Albertus Magnus be-zeichnet ihn als »persicum«. Auch die heilige Hildegard von Bingen weißt auf den Pfirsichbaum hin. Hieronymus Bock unterscheidet schon zwischen drei Sorten, und zwar: »gemein weiß, ganz gäl, ganz bluthrot durchaus«..
Die von uns heute als »roter Weinbergpfisich« bezeichneten Sorten wurden erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt und hatten ihre Verbreitung in den klimatisch begünstigten Weinbaugebieten Deutschlands. Es sind kleinwüchsige Bäume mit kleinen, harten und stark bepelzten Früchten, die sich durch ein rotes Fruchtfleisch auszeichnen.
ZIELE DES PROJEKTES
• landschaftlich
Ein Relaunch des »roten Weinbergpfirsich« trägt wesentlich zur Auflockerung und damit zur Verbesserung des Landschaftsbildes der Terrassenmosel bei. Ganz besonders, wenn bei der zeitigen Blüte im Frühjahr die ersten intensiven rosa Farbtupfer in die braun-graue Landschaft gesetzt werden.
• ökologisch
Der Erhalt einer autochthonen Frucht wäre eigentlich schon Grund genug für einen Relaunch der Pfirsiche. Darüber hinaus arbeiten wir mit dem Projekt der Verbuschung und der damit einhergehenden Zerstörung der Weinbergsmauern entgegen und retten damit die Artenvielfalt unserer Steillagenbiotope. Zahlreiche südeuropäische Tier- und Pflanzenarten erreichen in dem trocken-heißen Klima der Terrassenmosel ihre nördlichste Verbreitung. An Pflanzen sind Goldaster, Diptam, Felsengoldstern, Buchsbaum, Felsenahorn, Felsenkirsche und die weiße Fetthenne zu nennen. An Tieren in erster Linie der Apollofalter, dessen größtes von nur vier Vorkommen in Deutschland an der Terrassenmosel liegt. Die Raupen dieses Falters leben hauptsächlich an der Weißen Fetthenne, deren Wachstum durch die Verbuschung unterdrückt wird. (Der Apollofalter ist übrigens die einzige nichttropische Schmetterlingsart, die in das Washingtoner Artenschutzabkommen aufgenommen wurde.) Darüber hinaus leben in den Steillagenbiotopen der Terrassenmosel die vom Aussterben bedrohte Reben-Sattelschrecke und die Rotflügelige Ödlandschrecke sowie die als »gefährdet« eingestufte Mauereidechse und die seltene, vom Aussterben bedrohte Smaragdeidechse. Auch der seltene und prächtige Segelfalter ist vom Aussterben bedroht. Seine Raupe bevorzugt neben Schlehen und Felsenkirschen besonders den roten Weinbergpfirsich als Lebensraum.
• soziokulturell .
Eine intakte Umwelt ist langfristig nicht durch staatliche organisierte Maßnahmen sondern nur durch ein erhöhtes ökologische Problembewusstsein und eine damit einhergehende zunehmende Verantwortung des Einzelnen realisierbar. Durch Anpflanzen und Pflege der Pfirsiche kommt es zu einer gewünschten Erhöhung des Identifikationsgrades der Bevölkerung mit ihrer Umwelt und zu einer Sensibilisierung für ökologische Fragestellungen.
Nachfolgende Generationen alteingesessener Winzerfamilien bleiben im Kontakt und in der Verantwortung zu Ihren Weinbergen, Neubürger »erarbeiten« sich ein Stück Heimat.
• ökonomisch
Im Kontext einer wachsenden Nachfrage nach ökologisch produzierten, autochthonen Produkten wird die Produktfamilie »roter Weinbergpfirsich« regional und überregional gewinnbringend vermarktet. Nachfolgend eine Übersicht über die Produktpalette.